Anfang Juni hat eine hochkarätig besetzte Delegation aus Deutschland Athen und Thessaloniki besucht. Die ExpertInnen der internationalen Jugendarbeit haben sich vor Ort über die politische und soziale Situation in Griechenland informiert und Gespräche mit griechischen Projektpartnern der internationalen Jugendarbeit geführt. Unter anderem hat sich die Delegation mit Kelly Manoudi von unserem griechischen ewoca³(+)-Projektpartner Hellenic Youth Participation getroffen. Wir haben mit Kelly über den Besuch und die Situation der Internationalen Jugendarbeit in Griechenland gesprochen.

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Kelly, du hast die deutsche Delegation in Athen getroffen, wie war das für dich?

Bei dem Treffen waren wir gar nicht eine so große Gruppe, alles in allem ungefähr 24 Leute. Am Anfang des Treffens hat uns die Parlamentarischen Staatssekretärin Caren Marks über den gesamten Prozess des Deutsch-Griechischen Jugendforums informiert, und über die Pläne, deutsch-griechische Austauschprogramme und das ehrenamtliche Engagement zu intensivieren. Wir haben auch Ehrenamtliche aus Deutschland getroffen, die hier in Griechenland arbeiten. Und natürlich haben wir der Delegation erzählt, was wir hier so machen. Wir haben über unsere Pläne gesprochen und unsere Ideen für die deutsch-griechische Partnerschaft vorgestellt. Viele VertreterInnen der griechischen Jugendorganisationen haben außerdem die aktuellen Finanzierungsprobleme in der europäischen Jugendarbeit zum Thema gemacht. Also haben wir uns auch über zusätzliche Fördermöglichkeiten von Projekten in Griechenland ausgetauscht.

Was hältst du von der Idee des Deutsch-Griechischen Jugendforums, das ja der erste Schritt zum Aufbau eines Deutsch-Griechischen Jugendwerks sein soll?

​ Ich bin überzeugt, dass das aktuell genau der richtige Zeitpunkt dafür ist. Das Verhältnis zwischen unseren Regierungen ist angespannt. Wenn sich nun junge Menschen aus den beiden Ländern näher kommen, kann das auch zu einem besseren Verhältnis unserer beiden Länder beitragen. Trotz allen politischen Unterschieden und historisch bedingten Problemen mit Deutschland möchte ich betonen, dass es auch positive Erfahrungen gibt, auf denen wir unsere Bemühungen aufbauen können. Viele Griechinnen und Griechen gehen nach Deutschland um zu arbeiten oder um zu studieren, und wir müssen diesen Austausch von Wissen, Erfahrungen und guter Praxis verstärken.

Unsere Organisation „Hellenic Youth Participation“ ist Teil einer ewoca³(+)-Partnerschaft mit Deutschland und Belarus, und diesen Sommer werden wir unser erstes gemeinsames Workcamp in Weimar durchführen. Darüber hinaus planen wir auch bilaterale deutsch-griechische Begegnungsveranstaltungen. Wir wollen deutsche Jugendliche einladen, um mit ihnen hier zu den Themen Stereotype, Toleranz und Inklusion zu arbeiten. Und der Plan ist, dass anschließend eine Gruppe aus Griechenland nach Deutschland reist, um dort das gleiche zu tun. Wenn wir eine Finanzierung hinbekommen, werden wir das auf jeden Fall machen. Es wäre großartig, wenn das Deutsch-Griechische Jugendwerk mehr solcher Projekte möglich machen würde.

Abseits eurer ewoca³(+)-Partnerschaft und eurer Pläne für deutsch-griechische Jugendbegegnungen, kannst du uns ein wenig mehr über deine Organisation „Hellenic Youth Participation“ erzählen? Was sind eure Ziele?

Wir sind eine junge Organisation, wir haben uns erst vor zwei Jahren gegründet. Aber wir haben schon viele Mitglieder, die sich für unsere Vision engagieren. Unsere Schwerpunkte sind die Förderung von selbstbestimmtem Handeln und Bildung. Wir nehmen an europäischen Konferenzen wie dem European Youth Event des Europäischen Parlaments und dem Weltforum für Demokratie teil. Wir versuchen, den jungen Menschen Möglichkeiten zur Erweiterung ihres Horizonts und für engere Kontakte mit anderen jungen Menschen in Europa zu eröffnen. Wir wollen Gelegenheiten schaffen, bei denen sie sich auf gleicher Augenhöhe über ihre Bedürfnisse, Ideen und Kulturen austauschen können. Außerdem bieten wir Sprachkurse an. Sprachkenntnisse sind sehr wichtig, um in einem gemeinsamen Europa zu wachsen.

Welchen Einfluss hat die soziale und wirtschaftliche Krise auf eure Arbeit und die internationale Jugendarbeit insgesamt in Griechenland? Mit welchen Problemen werdet ihr konfrontiert?

​ Weil Fördergelder gekürzt worden sind, ist es sehr schwierig alle geplanten Projekte umzusetzen. Auf der anderen Seite sind die jungen Menschen wegen der Krise hier viel motivierter ins Ausland zu gehen. Sie wollen Erfahrungen sammeln und sich weiter qualifizieren, um eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Inzwischen sind die meisten jungen Menschen in Griechenland arbeitslos. Sie brauchen Lösungen für ihre Probleme hier vor Ort, so dass sie Arbeitserfahrungen auch bei uns machen können, ohne dafür ins Ausland gehen zu müssen.

Wenn du die aktuelle Situation in Griechenland betrachtest, was meinst du, welche positive Rolle kann internationale Jugendarbeit spielen?

Jugendarbeit hilft den Leuten, indem sie sie zu selbstbestimmten Handeln ermächtigt und ihnen Möglichkeiten gibt, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Das ist natürlich in schwierigen Zeiten besonders wichtig, weil die Arbeit in diesen Projekten ihnen auch etwas Hoffnung gibt.

Was könnte Deutschland deiner Meinung nach tun, um den Institutionen und Initiativen zu helfen, die in Griechenland im Bereich der internationalen Jugendarbeit aktiv sind?

Das Deutsch-Griechische Jugendwerk ist ist eine großartige Idee, um den Austausch und die Zusammenarbeit von jungen Menschen unserer beiden Länder zu unterstützen. Unser größtes Problem sind aktuell fehlende Fördermittel für unsere Arbeit.

Vor fünf Monaten wurde in Griechenland eine neue Regierung gewählt. Hat sich dadurch etwas für eure Arbeit geändert?

​ Es ist noch zu früh, um dazu was zu sagen. Die neue Regierung ist erst seit Januar im Amt. Aktuell konzentrieren sich alle auf die Verhandlungen mit der Eurogruppe. Im Moment nehme ich keine Veränderungen für unsere Arbeit wahr, aber auf jeden Fall kann ich sagen, dass sich jeden Tag mehr Leute hier für die internationale Jugendarbeit und die europäischen Projekte interessieren. Und jetzt, wo der Sommer da ist, haben auch diejenigen mehr Zeit zur Teilnahme, die auf die Uni oder zur Schule gehen.

Interview: Internationale Jugendarbeit in der Krise? Jetzt erst Recht!